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Wednesday, April 5, 2017

Wer ich bin (von Mariella Köchl, 7A)

Alle wissen, wer ich bin. Nur ich weiß es nicht.

Meine Mutter weiß, dass ich fleißig bin und zielstrebig.
Mein Vater weiß, dass ich viel dafür tue, um gute Noten nach Hause zu bringen.
Meine große Schwester weiß, dass ich das schwarze Schaf der Familie bin.
Mein kleiner Bruder weiß, dass ich das Lieblingskind meiner Eltern bin.
Meine Freunde wissen, dass ich aufgedreht und immer gut gelaunt bin.
Meine Lehrer wissen, dass ich Jura studieren will.
Meine Großmutter weiß, dass ich glücklich und selbstlos bin.
Mein Großvater weiß, dass ich oft launisch und faul bin.
Sogar Fremde wissen, wer ich bin, wenn sie mich sehen.

Alle wissen, wer ich bin. Nur ich weiß es nicht. 

Warum glauben alle zu wissen, wer ich bin? Keiner weiß, wer ich bin. Nur ich. Und ist das nicht das Wichtigste? Warum können sie nicht wissen, wer ich bin? Wer ich wirklich bin.

Ich weiß, dass ich ruhig bin. Ich weiß, dass ich Musiker oder Maler werden will. Ich weiß, dass ich weder das schwarze Schaf der Familie, noch Liebling meiner Eltern bin. Nur ein flüchtiger, unbedeutender Schatten, der vergeht.

Aber sie wissen natürlich, wer ich bin.

Warum sehen sie es nicht? Warum wissen sie nicht, wer ich wirklich bin?
Sie wissen es nicht, weil sie nicht glauben, was ich ihnen sage. Sie glauben bloß, was sie glauben wollen. Sie sehen in mir, was sie sehen wollen. Sie wissen, was sie wissen wollen.

Ich bin ich. Und wer nicht weiß, wer ich bin, kann mich nicht kennen.

Ich bin nicht selbstlos. Ich bin egoistisch. Meine Taten sind selbstlos. Meine Gedanken egoistisch.
Sie sehen, was sie sehen wollen. Dabei wissen sie nichts.

Aber sie wissen alle, wer ich bin. Nur ich weiß es nicht. 


(Dieser Text ist am 21.3.2017 im Rahmen eines Workshops mit Sarah Berger und Martin Peichl entstanden.)